Die Personalisierung von Klangerlebnissen, um besser zu verstehen oder ein immersives Hörerlebnis zu erreichen, ist jetzt ganz ohne Zubehör möglich. Mit einem neuen Audiosystem des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS können Nutzer eine dreidimensionale Klangumgebung auf verschiedenen Wiedergabegeräten erleben und an den persönlichen Bedarf anpassen. Es läutet damit eine neue Ära der Klangindividualisierung ein.
Kern des MPEG-H-Audiosystems ist die Verwendung von Audioobjekten während der Produktion. Statt wie bisher bei 3D-Tonsystemen üblich, ausschließlich klassische Tonspuren zu verwenden, wird bei der Produktion mit Audio-Objekten gearbeitet. Diese Audio-Objekte, zum Beispiel der Gesang eines Vogels, werden durch Metadaten charakterisiert, die Eigenschaften wie Position und Lautstärke festlegen. Fliegt der Vogel in einem Film beispielsweise durch einen Wald, so klingt er mal leiser, mal lauter, je nachdem, wie er sich im Raum bewegt und wo er sich gerade befindet. Diese Informationen werden an das Wiedergabegerät gesendet und mit Informationen über die Wiedergabesituation kombiniert. Die Beschreibung der Audioobjekte mit Metadaten ermöglicht gleichzeitig eine Personalisierung der Lautsprechersignale durch den Nutzer. Hört man beispielsweise einen Dialog in einem Film nicht mehr gut genug, um ihn zu verstehen, kann man nur die Stimme lauter stellen. Denkbar ist auch, die Stimme eines Sportkommentators mitten im Raum zu platzieren, um ein immersives Hörerlebnis zu erzeugen, oder bei der Übertragung von Live-Veranstaltungen die Publikumsgeräusche in der Lautstärke zu variieren, um beispielsweise ein Konzert besser hören zu können. Die Nutzer des Systems könnten damit eine erweiterte Kontrolle über ihre eigene Hörumgebung erlangen und diese nach ihren eigenen Bedürfnissen gestalten, ohne auf zusätzliche Technik angewiesen zu sein.
Das MPEG-H-Audiosystem deckt den gesamten Prozess von der Tonaufnahme über die Übertragung bis hin zur Wiedergabe ab. Es ist nicht nur ein Audiocodec, sondern ein System, das Produktionswerkzeuge, Datei- und Übertragungsformate sowie neuartige Wiedergabeverfahren umfasst. An der Entwicklung waren neben dem Fraunhofer-Institut Industrie- und Technologiepartner aus aller Welt beteiligt. Es ist das weltweit einzige offen standardisierte System für die Übertragung von Audioformaten der nächsten Generation. Wie ausgereift das System bereits ist, zeigt Brasilien. Dort wurde die neue Technologie als verbindlicher Audiostandard für die neue Fernsehinfrastruktur beschlossen. Auch in Europa wurde MPEG-H Audio bereits in einer Reihe von Tests eingesetzt. Für das Fraunhofer-Institut ist es nicht die erste Entwicklung, die maßgebliche Folgen dafür hat, wie wir Musik und andere Audioinhalte hören. Auch bei der Entwicklung des weltweit bekannten und genutzten MP3-Standard spielte das Institut eine maßgebliche Rolle.
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